Rheinbach, 23. Oktober 2008
Wolfgang-Stille-Preis der Paul-Ehrlich-Gesellschaft
Der diesjährige Wolfgang-Stille-Preis (Wissenschaftspreis) der
Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG) wurde Herrn Priv.-Doz. Dr.
med. Jan van Lunzen und seiner Arbeitsgruppe aus der Sektion Infektiologie
des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf für ihre Arbeit über
gentherapeutische Ansätze der HIV-Infektion zuerkannt. Herr PD Dr. van
Lunzen erhielt den Preis stellvertretend für seine eigene Arbeitsgruppe und
die Arbeitsgruppe von Frau Prof. Dr. med. Dorothee von Laer,
Georg-Speyer-Institut, Universität Frankfurt a. M.. Die AG von Frau
Professor von Laer erarbeitete die grundlagenwissenschaftlichen
Voraussetzungen für die prämierte klinische Studie, die am
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf unter der Leitung von PD Dr. van
Lunzen in enger Kooperation mit den Frankfurter Wissenschaftlern
durchgeführt wurde.
Die Forscher haben einen gentherapeutischen Ansatz entwickelt, bei dem
autologe T-Helferzellen durch den Transfer eines Gens resistent gegen eine
Infektion mit dem HIV gemacht werden. Das therapeutische Gen wird mittels
eines retroviralen Vektors (Genfähre) stabil in das Genom (Erbgut) der
Zielzellen integriert und codiert für die stabile Expression eines
fusionsinhibitorischen Peptids auf der Oberfläche der transfizierten
(gentherapeutisch veränderten) Zellen. Hierdurch wird eine Fusion des Virus
mit der Zielzelle verhindert. In vitro Versuche zeigten eine nahezu 100%-ige
Inhibition selbst bei Viren, die resistent gegen herkömmlich eingesetzte
antiretrovirale Substanzen waren. Folglich wurden Patienten mit
multiresistenten Virusstämmen und weit fortgeschrittenem Immundefekt in die
prämierte Studie eingeschlossen. Diese Patientengruppe hatte kaum andere
Therapieoptionen und war daher lebensbedrohlich erkrankt.
Es konnte die Sicherheit und Verträglichkeit, sowie die immunstabilisierende
Wirkung der untersuchten Gentherapie gezeigt werden. Die applizierten Zellen
konnten noch Jahre nach dem autologen Transfer in Blut, Knochenmark und
Lymphknoten nachgewiesen werden. Alle Patienten haben bislang bei einer
medianen Nachverfolgungszeit von 3 Jahren ohne schwerwiegende Nebenwirkungen
überlebt. Diese Ergebnisse sind von besonderer Bedeutung für langjährig
therapierte Patienten mit resistenten HI-Viren und schwerem Immundefekt. Die
Resultate der Studie wurden von der Arbeitsgruppe in der renommierten
Fachzeitschrift „Molecular Therapy“, dem Organ der amerikanischen
Gesellschaft für Gentherapie veröffentlicht. Eine Anschlussstudie unter
Verwendung von peripheren Stammzellen wird derzeit durch das BMBF gefördert.
Der von Pfizer Pharma Deutschland gestiftete Preis ist mit 10.000,- Euro
dotiert. Er erinnert an den Infektiologen und früheren Vorsitzenden der PEG,
Professor Dr. Wolfgang Stille (1935-2004). Die Preisverleihung fand im
Rahmen der 21. Jahrestagung der PEG am 9. Oktober in Bonn statt. Die PEG
würdigt mit dem alle zwei Jahre verliehenen Preis herausragende
Forschungsarbeiten auf den Gebieten Infektiologie und Medizinische
Mikrobiologie.
Die PEG ist mit ca. 950 Mitgliedern die größte deutschsprachige
Fachgesellschaft auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten und ihrer
Therapie. Die Gesellschaft trägt den Namen des Mediziners und
Nobelpreisträgers Paul Ehrlich, der die wissenschaftliche Chemotherapie
begründet hat. Sitz der Gesellschaft ist Frankfurt am Main, die letzte
Wirkungsstätte Paul-Ehrlichs. Die Gesellschaft wurde dort am 30.4.1967
gegründet.
Pfizer ist das größte Pharmaunternehmen weltweit und führend in Europa. Als
innovativ forschendes Unternehmen sind die therapeutischen Kernbereiche von
Pfizer: Infektiologie/HIV, Onkologie, Herzkreislauf, Zentrales Nervensystem,
Atemwegserkrankungen, Thrombose und Innere Medizin.