Vorurteile und kulturelle Unterschiede prägen TV-Nutzung – Türken in Deutschland werden durch deutsche Fernsehsender kaum erreicht

Im Rahmen des EU-Projekts „European Media And Cultural Studies (EMCS)“ finden an der Fachhochschule und Universität Potsdam Workshopreihen zum Thema „Mediale Darstellung von Türken in Deutschland“ statt. Die Assoc. Professorin Dr. Süheyla Schröder von der Bahcesehir Universität Istanbul, derzeit Gastdozentin an der Universität Potsdam, und Umut Karakas, Geschäftsführerin des Berliner Marktforschungsinstitut Data 4U, gehören zu den teilnehmenden Experten.

„Fernsehen spielt eine entscheidende Rolle im Leben der Türken in Deutschland, ist Brücke zur Heimat“, erläutert Umut Karakas die Ergebnisse ihrer Untersuchungen, „die fast 3 Millionen Türken in Deutschland schauen zumeist türkischsprachige Fernsehprogramme, die sie über Satellit oder Breitbandkabel empfangen.“ Messungen der Data 4U zeigen, dass der Marktanteil der türkischen Programme bei über 75% liegt. In den Top 10 der beliebtesten TV-Sender sind neben türkischen Programmen nur die Privatsender Super RTL (Platz 7), RTL (Platz 9) und Pro7 (Platz 10) zu finden, ARD und ZDF fehlen.

Die Darstellung von fremden Kulturen in Fernsehberichten hat einen entschiedenen Einfluss auf die Integration. Prof. Dr. Süheyla Schröder berichtet: „Populäre Medien tendieren dazu Vorurteile und stereotypische Bilder zu nutzen um Andere in kulturellen Kontexten darzustellen.“ Die Auswertung der Berichterstattung zeigt, Deutsche kommen in der Türkei kaum besser weg, als Türken bei uns.

Die Beachtung kultureller Unterschiede ist wichtig, um türkische Zielgruppen zu erreichen. Umut Karakas erklärt: „Emotionen sind wichtig. Vor allem Soaps und Liebensgeschichten werden gesehen. Die Sender sind bunt und bieten Entertainment pur. Die deutschen Programme dagegen sind kühl und emotionslos, wirken sachlich und distanziert.“

Einen weiterer Defizitpunkt: Nach aktuellen Untersuchungen besitzt fast jeder 5. Bewohner in Deutschland einen Migrationshintergrund, in den Medien ist es aber lediglich jeder 50. Journalist.

„Es ist ein sehr wichtiges Thema im deutschen und türkischen, aber auch im europäischen, Kontext. Eine gemeinsame interdisziplinäre und multikulturelle Perspektive wird benötigt“, erklärt Prof. Dr. Süheyla Schröder, „gemeinsam mit den deutschen Universitäten wird die Bahcesehir Universität einen Ansatz finden, der den verschiedenen Kulturen helfen soll im Dialog zu bleiben, statt sich gegenseitig zu diskriminieren.“ Um die akademische Zusammenarbeit auszubauen wird die Istanbuler Bahcesehir Universität ein Büro in Berlin eröffnen.

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